Der Bürgermeister informiert
Kenzingen setzt sich in der Sache von Beginn an dafür ein, dass die Stadt möglichst nahe der Autobahn A5 westlich umfahren wird. Ungeachtet dessen wurde seitens des Landes zu Beginn der 90er Jahre für den Abschnitt zwischen Offenburg und Riegel auf ein Raumordnungsverfahren verzichtet und die DB ProjektBau GmbH, Tochter der Deutschen Bahn, plante die Erweiterung zwischen Offenburg und Riegel gebündelt mit den Bestandsgleisen. Dagegen wandten sich neben Lahr, Mahlberg, Ringsheim, Herbolzheim und Kenzingen tausende von Bürgerinnen und Bürger dieser unmittelbar betroffenen Kommunen.
Widerstand gegen die Bahnplanung gab es auf der ganzen Linie zwischen Offenburg und Weil am Rhein, acht Bürgerinitiativen für einen menschengerechten Ausbau der Rheintalstrecke schlossen sich vor zehn Jahren in der Interessengemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hoch-Rhein (IG BOHR) zusammen. Die IG Bohr wiederum artikulierte sechs Kernforderungen der Region zum Ausbau der Rheintalschiene und erreichte gemeinsam mit den betroffenen Städten und Gemeinden die Einrichtung eines Projektbeirates, in dem Bund und Land, Region und Bürgerinitiativen sowie die DB vertreten sind. Dieser Projektbeirat setzt sich seit 2009 mit den Forderungen der Region auseinander und erreichte für das Markgräfler Land die Tieferlegung der Trasse abseits der Wohnbebauung, bei der Umfahrung Freiburgs deutlich mehr Lärmschutz und zuletzt in Offenburg die Entscheidung, zugunsten eines Tunnels umzuplanen.
Die Entscheidung zur Kernforderung 2, den Ausbau der Rheintalschiene zwischen Offenburg und Riegel parallel zur Autobahn A 5, steht aus. Hier hat der Projektbeirat einen Vergleich der Antragstrasse mit der Autobahnparallele beauftragt, dessen Ergebnisse derzeit aufbereitet werden und die gegen Ende des Jahres öffentlich vorgestellt werden sollen. Anschließend sollen der Regionalverband, die Kreistage Ortenau und Emmendingen sowie die betroffenen Kommunen Stellung beziehen. Die Entscheidung des Projektbeirates für oder gegen die Autobahnparallele ist für 2015 zu erwarten.
Eine gemeinsame Position der Region zum Ausbau der Rheintalschiene ist dabei nicht zu abzusehen. Zu gegensätzlich sind die Positionen der im Falle der Autobahnparallele neu betroffenen Kommunen und der auf Entlastung drängenden, von der Antragstrasse durchschnittenen Städte und Gemeinden. In den die Sitzungen des Projektbeirates vorbereitenden Arbeitsgruppen zum Abschnitt Offenburg - Riegel prallen unvereinbare Standpunkte aufeinander, Formalien bestimmen die Tagesordnungen. Dass die bei der Verwirklichung der Autobahnparallele neu betroffenen Kommunen auch künftig deutlich weniger von Lärm und Zerschneidung beeinträchtigt sein werden als die schon bisher zerschnittenen Orte, ist für die Befürworter der Antragstrasse ohne Belang. Sie heben ab auf Umweltbeeinträchtigungen und zusätzlichen Flächenverbrauch und werden in dieser Argumentation von den örtlichen Vertretern des Naturschutzbundes und DB ProjektBau GmbH gestützt.
Dabei schließen die Eingriffe in Flora-Fauna-Habitat-Gebiete, die FFH-Gebiete, die Autobahnparallele nicht aus, wie das Regierungspräsidium Freiburg als höhere Naturschutzbehörde wiederholt festgestellt hat. Und der zusätzliche Flächenverbrauch entspricht allenfalls dem im weiteren Verlauf des Ausbaus. Naturschutz und Flächenverbrauch sind also keine unüberwindbaren Planungshindernisse. Ganz offensichtlich werden hier mittelbare Betroffenheiten instrumentalisiert, die in ähnlich gelagerten Fällen, etwa bei großen touristischen Vorhaben, nicht thematisiert werden.
Die unmittelbaren Betroffenheiten, die die Bürgerinnen und Bürger von Lahr, Mahlberg, Ringsheim, Herbolzheim und Kenzingen die Pläne der Bahn neben der Verlärmung ablehnen lassen, werden dagegen lediglich unter sonstige Belange geführt: Die Belastungen durch Feinstaub etwa, der Anstieg der Gefahrguttransporte durch Wohngebiete, der städtebauliche Ruin durch die Zerschneidung der Siedlungskörper mit überdimensionierten Lärmschutzwänden und im Falle von Herbolzheim und Kenzingen kilometerlange Überwerfungsbauwerke, die zudem klimatische Auswirkungen zeitigen.
Die DB ProjektBau GmbH war 2009 beauftragt worden, Autobahnparallele und Antragstrasse ergebnisoffen zu vergleichen. Dies hatte der Vorstandsvorsitzende der DB Dr. Rüdiger Grube anlässlich seines Besuches in Kenzingen unterstrichen. Statt diesem Auftrag nachzukommen, verfolgt die DB Projektbau GmbH ausschließlich das Ziel, an der Antragstrasse festzuhalten. Die Absicht, in der letzten Sitzung des Projektbeirates am 14. Juli 2014 ein Ergebnis des Trassenvergleiches zu präsentieren, das ausschließlich die Wertungen der Bahnplaner darstellte, konnte letztlich aus der Mitte des Beirates verhindert werden und ist ein weiterer Beleg dafür, dass der Umgang der DB mit der Region nicht offen ist, dass Spielregeln bzw. Vereinbarungen nicht eingehalten werden.
Es wird weiter den ganzen Einsatz der Bürgerschaften und Kommunen benötigen, soll die Autobahnparallele durchgesetzt werden. Wenn die Autobahnparallele nicht verwirklicht wird, wenn den Forderungen der Region mit der Antragstrasse Rechnung getragen werden soll, wird diese in Umfang und Ausprägung eine Gestalt annehmen, die deutlich über das hinausgeht, was die unterbrochene Planfeststellung offenbarte. Die dann weit stärkere Durchschneidung wird noch erheblichere Einbußen an Lebensqualität und Attraktivität für die betroffenen Städte und Gemeinden mit sich bringen. Diese drohen die eigentlichen Verlierer des Ausbaus der Rheintalschiene zu werden, ohne von Baden 21 profitiert zu haben.
Was für Offenburg, Freiburg und das Markgräfler Land gilt, muss auch hier Maßstab sein: Hunderte von Güterzüge dürfen nicht durch Wohnbebauung geführt werden, wenn es eine Alternative gibt. Auch die Gesundheit und die Lebensqualität der Menschen hier sind elementare Schutzgüter, meint
Ihr
Matthias Guderjan
Bürgermeister