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Der Bürgermeister informiert:

Bürgermeister Matthias Guderjan
Bürgermeister Matthias Guderjan
Veröffentlicht am Donnerstag, 4. Oktober 2012
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, <br /> <br />an dieser Stelle habe ich in den letzten Jahren immer wieder aktuell zum Sachstand des Ausbaus der Rheintalschiene berichtet.

Nicht so im Jahr 2011- warum? Weil es beunruhigend ruhig geworden ist um die Auseinandersetzung über die richtige Trassenwahl zwischen Offenburg und Riegel. Seit Einrichtung des Projektbeirates werden Nachfragen und Erinnerungen mit den Hinweis auf die Arbeit dieses Gremiums beschieden. Dessen Entscheidung dereinst die Auseinandersetzung beenden wird? Der 3. Ortenauer Bahngipfel am 25. September 2012 in Offenburg hat gezeigt, dass die Gräben zwischen den Befürwortern der Autobahnparallele und denen, die zwischen drei- und vierhundert Güterzüge täglich lieber durch eine Reihe bebauter Ortsetter fahren sehen wollen –verbesserter Lärmschutz wird dort immerhin zugestanden – nach wie vor offen sind.

Die Kommunen Lahr, Mahlberg, Ringsheim, Herbolzheim und Kenzingen fordern gemeinsam mit der IG Bohr mit der Kernforderung 2 die autobahnparallele Führung der neuen Güterzuggleise zwischen Offenburg und Riegel, weil die Antragstrasse der DB die Neubaugleise und in der Folge rund doppelt so viel Güterverkehr wie bisher durch ihre bebauten Ortslagen führen würde. Diese Forderung haben im Zuge der Offenlage der Antragstrasse der Deutschen Bahn tausende Bürgerinnen und Bürger als unmittelbar betroffene Anlieger mit ihren Einwendungen eindrucksvoll bekräftigt. Für die Autobahnparallele haben sich nach den oben angeführten Städten und Gemeinden auch die Kreistage des Landkreises Emmendingen und des Ortenaukreises, der Regionalverband Südlicher Oberrhein, die IHK sowie die acht in der IG Bohr zusammengeschlossenen Bürgerinitiativen ebenso eindeutig ausgesprochen wie die damalige CDU/FDP-Landesregierung und die seinerzeitigen Oppositionsparteien Bündnis 90 / Die Grünen und SPD. Alle Parteien haben dabei dafür plädiert, dass sich das Land Baden-Württemberg an den infolge der Trassenverlegung zu erwartenden Mehrkosten beteiligt.

Nach der Einigung für die Bereiche Markgräflerland und Breisgauer Bucht im Projektbeirat am 5. März 2012 und der Festlegung, dass der dieser Einigung zugrundeliegende Verzicht auf Schienenbonus und passiven Lärmschutz auch für den Bereich Offenburg – Riegel gelten soll, ist der Ausbau der Rheintalscheine auf der Antragstrasse nicht mehr denkbar. Aber Vorsicht: Aus der jetzt in Berlin auf den Weg gebrachten Abschaffung des Schienenbonus können nicht unmittelbar Rechte für Südbaden abgeleitet werden, weil diese erst für künftige Vorhaben verbindlich wird.

Nach wie vor wird die Autobahnparallele von einigen Gemeinden mit jeweils unterschiedlichen Argumenten abgelehnt. Diese Ablehnung kommt zu einem guten Teil von Kommunen, deren Gemarkung gar nicht oder nur gering tangiert ist und deren Wohnbebauung in einzelnen Fällen kilometerweit von der Trasse entlang der Autobahn entfernt liegt. Die Anzahl der bereits heute und künftig weitaus stärker vom Bahnlärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger an der bestehenden Trasse übertrifft die der künftig und zudem durchgehend geringer neu Betroffenen beim Bau der Autobahnparallele um ein Vielfaches. Entlang der Autobahn kann der Verzicht auf Schienenbonus und passiven Lärmschutz mit herkömmlichen Mitteln erreicht werden. Entlang der Autobahn ist zudem die Gefährdung der Bevölkerung durch Gefahrgutunfälle deutlich geringer, wie ein jüngst von der Bürgerinitiative Bürgerprotest Bahn e.V. vorgelegtes Gutachten aus dem Juli 2012 darlegt. An dieser Gefährdung ändert auch die als Abhilfe propagierte Umrüstung des rollenden Materials – etwa mit leiseren Bremsen ausgerüstete Güterwagen - nichts.

Nachdem Mehrkosten für den Offenburger Tunnel sowie im Süden von Riegel und die Beteiligung des Landes hierfür außer Frage stehen, kann die Autobahnparallele an diesem Punkt ebenso wenig scheitern wie an Natura 2000 Beeinträchtigungen. Es darf nicht passieren, dass Eingriffe in FFH-Gebiete bei der Autobahnparallele zum Ausschlussgrund werden, dagegen aber sowohl bei der Antragstrasse der DB als auch bei der Umfahrung von Freiburg keine über Ausnahmeverfahren unüberwindbaren Hindernisse darstellen. Hier wird darauf zu achten sein, dass mit gleichem Maß gemessen und nicht durch kostentreibende Überkompensation in der Planung letztlich Verhinderung betrieben wird.

Der private Naturschutz in Gestalt des NABU Baden-Württemberg verliert seinen Anspruch auf Vertretung der entsprechenden Belange für Südbaden, wenn er, wie mit der im Sommer vorgelegten nicht datierten Stellungnahme zum Ausbau der Rheintalschiene im Abschnitt Offenburg-Riegel erhebliche Beeinträchtigungen nur bei der Autobahnparallele, nicht jedoch im Bereich der Antragstrasse feststellt und zugleich die ganz erhebliche Inanspruchnahme des Mooswaldes im Bereich der Breisgauer Bucht rechtfertigt. Der NABU trägt damit dem Schutzgut Mensch im Zuge einer Gesamtabwägung im Gegensatz zum BUND in keiner Weise Rechnung. Im Gegenteil: Die Argumente der IG Bohr und der Bürgerinitiative Bürgerprotest Bahn für die Verlegung der Trasse werden im Gutachten wiederholt verunglimpft. Die aus den Bedenken und Ängsten großer Teile der unmittelbar betroffenen Bevölkerung resultierenden Stellungnahmen werden mit den Attributen unsinnig, falsch, halbwahr, als Wunschdenken, Zweckoptimismus und Polemik herabgewürdigt. Bei allem Respekt lässt die gewählte Sprache auf den Verfasser und dessen Ziele schließen, der sich im Übrigen selbst zitiert mit seinem Hinweis auf das Elzwiesenbuch. Bemerkenswert am Rande, dass sich zu den in großen Teilen in Natura 2000 Gebieten befindlichen Flächen, die im Bereich Rust touristischer Nutzung zugeführt werden sollen, meines Wissens weder der NABU noch die Bürgermeister der Kappel-Grafenhausener Erklärung zu Wort gemeldet haben.

Eine, womöglich landesweite, Bürgerbefragung, die die Mehrkosten der Autobahnparallele thematisiert, ist schon deshalb abzulehnen, weil der beauftragte Trassenvergleich die seinerzeit versäumte Raumordnung in Teilen nachholt und Kosten nicht Gegenstand raumordnerischer Überlegungen sind. Und gegebenenfalls wären dann ja auch der Tunnel Offenburg und die Lösung im Süden einzubeziehen. Allein der Vorschlag zeigt, wie wenig stichhaltig die örtlichen Argumente der Unterzeichner der Kappel-Grafenhausener Erklärung z.B. in Grafenhausen, in Rust oder in Kippenheim im Einzelnen sind.

Das Selbstverständnis des Regierungspräsidiums sollte in dieser schwierigen Situation über das einer Anhörungsbehörde für die Planfeststellung hinausgehen. Zu seinen Aufgaben der regionalen Raumordnung und Landesplanung kam zuletzt immerhin der Anspruch des ‚Anwalts der Region‘. Wer die örtlichen Gegebenheiten in den unmittelbar von der Antragstrasse durchfahrenen Städten und Gemeinden kennt, begreift, dass die jüngst von Landes- und Bundespolitikern geäußerten Forderungen nach einem verbesserten Lärmschutz den Betroffenheiten nicht gerecht wird. Die künftige Qualität der Raumschaft nördlicher Breisgau hängt mehr noch als im Markgräfler Land und in der Breisgauer Bucht davon ab, wie der Ausbau der Rheintalschiene erfolgt. Die Gewichtung der Betroffenheiten kann allein die Trassenführung an der Autobahn zur Folge haben. Eine Entscheidung für die Tunnellösung in Offenburg, die Chance eines Güterverkehrszentrums am Flugplatz Lahr mit der Verlagerung der Rollenden Landstraße aus Freiburg und Reduzierung des Güterbahnhofes in Offenburg begünstigen die Trassenverlegung sowohl räumlich als auch von den Kosten her zusätzlich. Nahezu alles spricht für die Autobahnparallele.

Und doch heißt es für die Menschen in der Raumschaft aufmerksam, engagiert zu bleiben und weiter Flagge zeigen. Eine gute Gelegenheit auch für die Kenzinger Bürgerinnen und Bürger ist dabei sicherlich die Vorstellung der von der Bürgerinitiative Bürgerprotest Bahn e.V. in Auftrag gegebenen Untersuchung ‚Auswirkung von Gefahrgutunfällen in Abhängigkeit der jeweiligen Trassenführung 3. Und 4. Gleis‘ von Professor Klaus Kümmerer am 15. Oktober um 19 Uhr in der Grundschulturnhalle Herbolzheim, findet

Ihr
Matthias Guderjan
Bürgermeister