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Der Bürgermeister informiert:

Bürgermeister Matthias Guderjan
Bürgermeister Matthias Guderjan
Veröffentlicht am Donnerstag, 4. Februar 2016
Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, <br />der 28. Januar 2016 wird als ein denkwürdiger Tag in die Geschichte der Stadt Kenzingen und der Region eingehen.

Denn am vorvergangenen Donnerstag hat der Deutsche Bundestag um 17.47 Uhr die Finanzierung der Neukonzeption großer Teile des Ausbaus der Rheintalschiene zwischen Offenburg und Basel beschlossen. Neben der Untertunnelung Offenburgs und der Verbesserung des Lärmschutzes im Bereich Müllheim / Auggen wurde so der Weg auch frei gemacht für den Bau der Güterzuggleise zwischen Offenburg und Riegel parallel zur Autobahn BAB 5. Insgesamt stimmte der Bundestag Mehrkosten in Höhe von rund 1,8 Mrd. Euro zu, von denen auf den Abschnitt Offenburg – Riegel rund 565 Mio. Euro entfallen. Das Land beteiligt sich an den gesamten Mehrkosten mit 280 Mio. Euro.

Anlass zur Freude für unsere Stadt, für Herbolzheim, Lahr, Mahlberg, Malterdingen und Ringsheim und ein Tag mit wahrhaft langer Vorgeschichte. Denn vor mehr als 25 Jahren, Anfang Dezember 1990, wurde der Ausbau der Rheintalschiene erstmals im Gemeinderat der Stadt Kenzingen vorgestellt. Umgehend kam die Forderung aus Kenzingen, später dann auch aus Herbolzheim, die Gleise westlich der Städte zu führen. Ebenso umgehend teilten im Jahr 1992 die Deutsche Bahn und das Regierungspräsidium Freiburg mit, dass die Bündelung der Neubaugleise mit der Autobahn A5 nicht realisierbar sei und nicht weiterverfolgt werde. Anstelle des ursprünglich für die Jahre 1996-2001 vorgesehenen Ausbaus zwischen Offenburg und Riegel trat dann eine Verfahrenspause, weil über Jahre hinweg keine Planungsmittel für das Projekt mehr bereitgestellt wurden.

Ab dem Jahresende 2001 war die Rheintalschiene wieder regelmäßig Gegenstand der Beratungen im Gemeinderat. Dabei konzentrierten sich die Bemühungen zunächst auf die Tieflage der nördlich und südlich der Stadt vorgesehenen Überwerfungsbauwerke. Aber auch nach einer langen Reihe von Vor-Ort-Terminen mit Politikern, Behörden und Bahnvertretern, nach Gemeinderatssitzungen und Informationsveranstaltungen zusammen mit der Stadt Herbolzheim, war es der mit der Planung beauftragten DB ProjektBau GmbH nicht möglich, mehr als eine abgesenkte Hochlage der Überwerfungsbauwerke in Aussicht zu stellen.

Zwischenzeitlich wurde offensichtlich, dass an die Stelle der ursprünglich propagierten Schnellbahntrasse eine Güterzugstrecke getreten war: Die Zahl der Personenzüge, so die Bahnprognose, würde sich um maximal 10 Prozent erhöhen, die der Güterzüge dagegen nahezu verdoppeln. Das wiederum gab für die Kommunen und für die Anfang 2003 von Herbolzheimer und Kenzinger Bürgern gegründete Bürgerinitiative Bürgerprotest Bahn e.V. den Ausschlag, ausschließlich auf die westliche Umfahrung der Städte zu setzen. Die kleinräumige Variante Birkenwaldtrasse wurde diskutiert und wich der ursprünglichen Forderung Autobahnparallele, nachdem sich eine Allianz der Kommunen Offenburg, Lahr, Mahlberg, Ringsheim, Herbolzheim, Kenzingen und Malterdingen für den Tunnel Offenburg und die Bündelung der Neubaugleise mit der BAB 5 gebildet hatte. Ungeachtet dessen erfolgte im Jahr 2006 die Offenlage der Antragstrasse für unseren Bereich und brachte tausende von Einwendungen allein aus Herbolzheim und Kenzingen.

Der eigens gebildete Arbeitskreis Bahn, in dem die Aktivitäten der Bürgerinitiative und der Städte regelmäßig abgestimmt wurden, kam zusammen mit der IG Bohr, dem Zusammenschluss der Bürgerinitiativen am Oberrhein, schnell zu der Überzeugung, dass nur die Politik die Richtung in Sachen Ausbau der Rheintalschiene vorgeben könne. Es folgten zahllose Gespräche und Termine, dazu Podiumsdiskussionen, Kundgebungen und Berlinbesuche. Dennoch wurden die Pläne der Bahn 2008 öffentlich erörtert, machte die DB keinerlei Anstalten, sich in der Sache zu bewegen.

Nachdem es zwischenzeitlich gelungen war, die Unterstützung der Politik für die Autobahnparallele zu gewinnen, sich der Regionalverband Südlicher Oberrhein und die Landkreise Ortenaukreis und Emmendingen für die Bündelung mit der BAB 5 ausgesprochen hatten, kam 2009 die entscheidende Wende. Im Februar erklärte der Innenminister des Landes Heribert Rech die Unterstützung auch der Autobahnparallele durch das Land zu. Im Juli 2009 vereinbarten Ministerpräsident Günter Oettinger und der Verkehrsminister des Bundes Wolfgang Tiefensee die Bildung eines Projektbeirates. Dieser wiederum tagte, jeweils vorbreitet durch Arbeitskreise, in denen die Landkreise, Kommunen, Bürgerinitiativen und die Bahn vertreten waren, zwischen Oktober 2009 und Juni 2015 zehn mal und beendete seine Arbeit mit der Empfehlung, zwischen Offenburg und Riegel eine zweigleisige, autobahnparallele Güterzugtrasse östlich der BAB A 5 mit optimiertem Lärmschutz zu bauen, die Planfeststellungsverfahren zwischen Offenburg und Riegel nach Vorliegen der Finanzierungsbeschlüsse des Bundes- und des Landtags einzustellen und die Deutsche Bahn zu beauftragen, die Planung für die 2-gleisige Güterverkehrstrasse entlang der BAB A 5 zwischen Offenburg und Riegel unverzüglich aufzunehmen. Entsprechend solle die Güterumfahrung zwischen Offenburg und Riegel im neuen Bundesverkehrswegeplan als Projektziel festgeschrieben werden.

Mit dem Finanzierungsbeschluss des Bundestages und der Kostenbeteiligung des Landes ist nunmehr der Weg frei, sind die bisherigen Bahnplanungen für den nördlichen Breisgau nach mehr als 25 Jahren endlich vom Tisch. Jahrelanges unvermindertes bürgerschaftliches Engagement, die kommunale Allianz der Städte und Gemeinden, die eindeutige Positionierung der Gemeinderäte, Kreistage und des Regionalverbandes haben die Region das von vielen Seiten lange Zeit als unrealistisch abgetane Ziel erreichen lassen. Deshalb ist der 28. Januar 2016 ein denkwürdiger Tag.

Es bleibt die Erkenntnis: Große Infrastrukturprojekte können hier und künftig auch andernorts nur gemeinsam mit der Region und ihren Menschen geplant und verwirklicht werden. Insoweit wird die Auseinandersetzung am Oberrhein auf ganz Deutschland ausstrahlen – auch weil das Verfahren hier den Schienenbonus, nachdem Bahnlärm lauter als anderer Verkehrslärm sein durfte, zu Fall gebracht hat. Und es bleibt die Gewissheit: Auch in Zukunft werden die Kommunen und die Bürgerinitiativen die Planungen der Bahn konstruktiv und kritisch begleiten, um bestmögliche Lösungen für die Region zu erhalten. Insofern ist der Beschluss des Bundestages ein wichtiger und historischer Erfolg, aber nicht das Ende des Weges.

Für die Stadt Kenzingen ist anlässlich des Finanzierungsbeschlusses des Bundestages Dank zu sagen: Den Bürgerinnen und Bürgern der Raumschaft sowie den Bürgerinitiativen und dabei insbesondere der Bürgerinitiative Bürgerprotest Bahn e.V. sowie der IG Bohr. Den Gemeinderäten und Bürgermeisterkollegen aus Malterdingen, Herbolzheim, Ringsheim, Mahlberg und Lahr. Den Landkreisen Ortenaukreis und Emmendingen, beiden Landräten und ersten Landesbeamten, dem Regionalverband Südlicher Oberrhein. Den Mitgliedern des Projektbeirates, unseren Abgeordneten des Landtages Baden-Württemberg und des Bundestages sowie der Landesregierung und dem Deutschen Bundestag sagt ein herzliches Dankeschön

Ihr
Matthias Guderjan
Bürgermeister