Der Bürgermeister informiert
Während die Bundespolitik mit Hinweis auf den guten Füllstand der Gasspeicher eher Zuversicht verbreitet, sehen die kommunalen Spitzenverbände und auch die Energieversorger selbst durchaus besorgt in die unmittelbare Zukunft. Danach führt die derzeit angespannte Versorgungssituation dazu, dass die Wahrscheinlichkeit einer drohenden Gasmangellage steigt und dies in der Folge auch zu Engpässen in der Stromversorgung führen kann.
Ob es zu dieser Gasmangellage kommt, hängt unabhängig vom guten Füllstand der Gasspeicher stark, von der Witterung in den kommenden Monaten ab. Tritt der Fall ein, verpflichtet die Bundesregierung zuerst Industriekunden, ihren Gasbezug zu reduzieren oder auf Null zu senken. Auch wenn die sogenannten „geschützten Kunden“, die Privathaushalte und sozialen Einrichtungen, erst an zweiter Stelle in die Pflicht genommen werden, kann es aus technisch nicht vermeidbaren Gründen, z.B. bei einem Druckabfall, zu Gasausfällen bei ebendiesen Privathaushalten und sozialen Einrichtungen kommen.
Und weil rund 14% des Stroms mit Gas erzeugt werden, um die schwankende Leistung Erneuerbarer Energien auszugleichen, kann ein Gasmangel in der Folge auch zu einem Strommangel führen.
Deshalb ist festzuhalten: Energie ist aufgrund der aktuellen Lage ein rares und – nicht zu vergessen - immer teurer werdendes Gut. Für die privaten Haushalte, aber natürlich auch für die öffentliche Hand. Energie einsparen ist aus beiden Gründen das Gebot der Stunde.
Von der Bundesregierung wurden hierzu Regelungen in einer Verordnung getroffen, der Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung (EnSikuMaV).
Bei der Stadt Kenzingen erfolgt deren Umsetzung zum jetzigen Zeitpunkt wie folgt:
Die Büroräume im Rathaus, in den Schulen und Kindertagesstätten werden auf maximal 19 Grad beheizt. Heizlüfter und Klimaanlagen werden nicht genutzt, Gemeinschaftsflächen wie Treppenhäuser, Foyers, Flure oder Technikräume bleiben unbeheizt. Das Wasser bleibt kalt, Durchlauferhitzer und Boiler sind außer Betrieb. Die Sporthallen werden auf maximal 17 Grad beheizt, duschen ist lediglich an Wettkampftagen bei Beteiligung auswärtiger Mannschaften möglich. Die Obdachlosenunterkünfte werden bis 20 Grad beheizt. Wo Heizungen nicht zentral gesteuert werden können, werden sogenannte Behördenventile zur Regelung installiert. Die Straßenbeleuchtung ist seit dem 06.10.2022 im Zeitfenster von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr auf Halbnacht geschaltet, sprich gedimmt. Öffentliche Gebäude werden nicht angestrahlt.
Ebenfalls auf Empfehlung der kommunalen Spitzenverbände, Brückentage zwischen Feiertagen zu nutzen, um die Heizungen insgesamt herunterzufahren, bleiben alle städtischen Einrichtungen am Montag, den 31.10.2022, geschlossen. Lediglich in der Kindertagesstätte Franziskanergarten wird für berechtigte Fälle eine Notbetreuung angeboten. Weitere Schließtage über den Jahreswechsel sind vorgesehen, zumal die Kindertagesstätten und Schulen dann ohnehin geschlossen haben.
In der Vorweihnachtszeit wird nicht vollständig auf die Weihnachtsbeleuchtung des öffentlichen Raumes verzichtet, sie wird allerdings vom Umfang her und zeitmäßig eingeschränkt. So werden Christbäume in der Stadt und den Ortsteilen gestellt, aber die Illuminierung des Kirchplatzes wird nur über den Weihnachtsmarkt hinweg erfolgen, dazu wird die Weihnachtsbeleuchtung unmittelbar nach Neujahr demontiert.
Im Vergleich mit den Maßnahmen der Stadt liegt das weitaus größere Einsparpotential allerdings im Bereich der privaten Haushalte. Nicht nur um die exponentiell steigenden Energiekosten zu mindern, empfiehlt sich die Reduzierung der Raumtemperatur auch im privaten Bereich – jedes Grad weniger Raumwärme entspricht 6 Prozent geringerem Energieverbrauch. Stoßlüften ist energiesparender als gekippte Fenster. Ob der Herd, der Kühlschrank, die Waschmaschine, die Stand-By-Funktion an TV-Geräten oder PCs und vieles mehr: Richtig bedient sind vielerorts im privaten Bereich Einsparungen möglich.
Dringend abgeraten wird vom Kauf von Heizlüftern, denn werden zu viele elektrisch betriebene Geräte zeitgleich genutzt, drohen Überlastungen des lokalen Stromnetzes und damit auch ein Stromausfall in den Haushalten.
Alle Bemühungen können nicht gänzlich ausschließen, dass die Energieversorgung unterbrochen wird. Fällt die Heizung aus, sollte die Wärme so lange wie möglich im Haus gehalten, auch mit warmer Kleidung vorgesorgt, werden. Es empfiehlt sich zudem, alternative Lichtquellen wie Taschenlampen oder Kerzen vorzuhalten. Im Falle von Stromausfällen sind geladene Akkus bei Mobilgeräten und Powerbanks, batteriebetriebene Radios, unter Umständen auch Bargeld von Vorteil. Lebensmittelvorräte sollten zumindest in Teilen auch kalt verzehrt werden können.
Die vorstehenden Empfehlungen sollen sicherlich nicht Ratschläge von unberufener Seite sein und erfolgen in Anlehnung an die Empfehlungen des Landes Baden-Württemberg und des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. In einer Zeit, in der zu jeder Gelegenheit nach der öffentlichen Hand gerufen wird, nach staatlicher Hilfe oder Erfüllung auch durch die Stadt, erscheint es wichtig, auf die Eigenverantwortung des Einzelnen hinzuweisen und rechtzeitig die Möglichkeiten der Vorsorge im privaten Bereich aufzuzeigen. Und das nicht nur mit Blick auf die Energiekrise.
Angesichts auch des Klimawandels gilt es ohnehin für die Zukunft zu bedenken, ob die eigene Heizung noch aktuellen Anforderungen entspricht, ob die Gebäudedämmung optimiert werden kann und welche Möglichkeiten zur Nutzung regenerativer Energien im Einzelfall gegeben sind. Hier wird die Stadt künftig auf zusätzliche Beratungsangebote hinwirken und wie in der Vergangenheit in innerstädtischen Sanierungsgebieten mit Landesmitteln und kommunalem Geld Einzelmaßnahmen finanziell fördern.
Unsere Gesellschaft, auch unsere Stadtgesellschaft, ist seit mehr als 2 ½ Jahren belastet durch die Pandemie, zu der seit 8 Monaten der Ukraine-Krieg mit der geschilderten Energiesituation und einer weiteren Geflüchtetenwelle kam. Das gesellschaftliche Leben erholt sich nur langsam, unsere Vereine leiden bis heute und vieles deutet darauf hin, dass unser Wohlstand künftig geschmälert wird. Wünschenswert wäre, wenn die Einwohnerinnen und Einwohner in der Folge und wie jüngst mit der Welle der Hilfsbereitschaft bei der Aufnahme Geflüchteter aus der Ukraine gezeigt, gemeinsam und solidarisch durch die aktuell sicherlich nicht einfache Zeit gehen und ablassen von einer Empörungskultur, die auch nur kleine persönliche Beiträge als unfassbar, unzumutbar, schlicht nicht hinnehmbar verweigern, meint
Ihr Matthias Guderjan
Bürgermeister